Folke Köbberling & Martin Kaltwasser Amphis 2008 Fundholz, Sperrmüll, Einwegpaletten, Fenster, Dachpappe, Schrauben, Plastikplane, gefundenes Glasgewächshaus, Sand, Erdaushub Reclaimed timbers, bulk waste material, disposable pallets, windows, sheet roofing, screws, plastic sheeting, reclaimed green house, sand, soil 1200 x 1200 x 600 cm Wysing Arts Centre, Bourn/Cambridgeshire (UK)
Im
Laufe von sechs Wochen errichteten wir zusammen mit insgesamt 40
Freiwilligen komplett aus Fundmaterialien auf dem zentralen Platz des
Wysing Arts Centre in Bourn/Cambridgeshire ein zweistöckiges,
achteckiges Multifunktionsgebäude. Der oktogonale Mezzaninbau dient dem
Arts Centre als Veranstaltungsgebäude und Anschauungsobjekt für extrem
ressourcensparendes Freestylebauen. Die Materialien organisierten wir
von regionalen Baustellen oder sie wurden von Nachbarn und Freunden
gespendet. Im Verlauf des Bauprozesses mussten extreme Schwierigkeiten
bewältigt werden. Der Baugrund bestand aus Lehm und war im Sommer völlig
ausgetrocknet. Da der Bauplatz aber durch seine exponierte Lage sehr
windlastig war, mussten wir für das beabsichtigte sechs Meter hohe
Gebäude ein Fundament bauen. Da Beton zu teuer war, bauten wir aus
Paletten und Balken eine stabile achteckige Schalung mit acht Metern
Durchmesser, die wir mit 35 Tonnen Sand und Erde auffüllten. Mit der
Schalung war ein Netz aus waagrechten Balken verbunden, an denen wir
alle tragenden Pfeiler verankerten. Auf die planierte und verfestigte
Erdfüllung legten wir eine zweischalige Schicht aus Einwegpaletten, die
wir massiv miteinander verbanden. Innerhalb der Erdfüllung gab es
zusätzlich noch eine zweite Ebene aus waagrechten Balken, dazu
Queraussteifungen und senkrechte Verbindungen, sodass schließlich der
Verbund aus Balkenverbindungen, Schalung und Palettenschichten ein
extrem stabiles, schweres und ausgesteiftes Fundament ergaben, mit dem
das gesamte Tragwerk des errichteten Baukörpers verbunden war. Der Bau dieses
Fundaments dauerte insgesamt zwei Wochen, sodass die Zeit für das
eigentliche Errichten des Holzfachwerkgebäudes sehr knapp war. Für die
Fußbodenkonstruktion des Obergeschosses und für das Dach verwendeten
wir ebenfalls Einwegpaletten, die insgesamt das Hauptbaumaterial für
Amphis bildeten. Während des Bauprozesses musste permanent weiteres
Baumaterial herbeigeschafft werden. Da wir noch nie ein so großes
Gebäude gebaut hatten, war die Bauzeit geprägt von schwierigen
konstruktiven Findungsprozessen in Abstimmung mit den vorhandenen
Materialien. Der Monat August, die Hauptbauzeit, war der regenreichste
Monat in England seit 100 Jahren. Also mussten wir parallel zum
eigentlichen Bauen permanent an Wetterschutzkonstruktionen arbeiten, um
vor allem das Erdfundament trocken zu halten, da ansonsten die Gefahr
bestand, dass die Stützenfüße und Verbindungen durchfeuchtet worden
wären. Eine Woche vor der Hauseinweihung hatten wir erst das Dach
fertig gedeckt (topping out). In der letzten Woche installierten wir in
wahnwitzigem Tempo die komplette Fassade, Innentreppe, sämtliche
Brüstungen, Fenster, Türen, Glashausanbau und Balkon. Zusätzlich
errichtete die Künstlerin CJ Mahony einen skulpturalen minimalistischen
Anbau von 3 x 3 x 3 Metern. Die Bauleistung in der letzten Woche
stellte alles in den Schatten, was wir bis dahin in unseren
vorangegangenen Bauprojekten erlebt und realisiert hatten. Sämtliche
Beteiligte wuchsen über sich hinaus. In den sechs Wochen der
Zusammenarbeit mit mehreren Freiwilligen hatte sich ein starker Teamgeist
entwickelt, eine genaue Kenntnis der jeweiligen Fähigkeiten, der
Vorlieben und Schwächen, die gerade bei komplexen ästhetischen
Entscheidungsprozessen, etwa zur Fassadengestaltung und zum
Innendesign, von höchster Wichtigkeit waren. So konnten sich auch viele
Freiwillige in dem Gebäude selbst verwirklichen und neue Fähigkeiten
erwerben. Amphis wird die nächsten zwei Jahre als Veranstaltungsort
für die ortsansässigen KünstlerInnen und überregionale Kulturereignisse
dienen. Tagsüber ist es ein Ruheort für große Greifvögel geworden.
Amphis verfügt über viele Fassadenöffnungen, die sich aufgrund der
komplizierten Geometrie – und zum Glück für die Tierwelt – nicht
schließen ließen. Das Gebäude ist aber regendicht und sturmsicher.
Eventuell eindringende Feuchtigkeit kann schnell wieder abziehen, da
eine leichte, permanente Querlüftung garantiert ist. Atmosphärisch
schließt sich Amphis an unsere anderen Bauprojekte an, die vor
Witterungseinflüssen Schutz boten, durch die verwendeten
Gebrauchtmaterialien ein völlig eigentümliches Innenleben hatten und
keine hermetischen Behälter waren, aus denen es kein Entrinnen gibt.
Die Materialien, aus denen Amphis besteht, erzählen viel vom Reichtum
der Region. So bestehen die Fußböden aus dem alljährlich
ausgemusterten Inventar der berühmten Colleges aus Cambridge. Der
Erdgeschossboden besteht aus einem naturfarbenen hellen Holzquadrat,
das ein Vorleben als Bühnentanzboden hatte. Umgeben ist das Quadrat von
schwarzen Linoleumtischplatten, die vormals als universitäre
Arbeitstischplatten dienten.
For six weeks, forty volunteers
helped assemble an octagonal, two-story, multipurpose building using
discarded reclaimed materials on the central square outside Wysing Arts
Center. The building became a special events venue and a demonstration
model on sustainable, improvised, self-assembly building methods. The
material was obtained from local building sites or donated by friends
and neighbors. Construction was hindered by adverse conditions. The
clay grounds had become rock hard in summer. The six-meter-high
structure required extra foundations, as there was high wind exposure.
We built an octagonal falsework, eight meters in diameter, from
discarded pallets and timber beams, which was filled with thirty-five
tons of compressed sand and rubble for stabilization, as concrete was
too expensive. We incorporated a grid of horizontal crossbeams on which
we anchored all upright supports. The platform was further strengthened
by another layer of disposable pallets tied tightly together.
Constructing the foundation took two weeks, which left very little time
for the actual timber framed building. The floors of the upper story
were also made from disposable pallets, our principal building material.
Material stocks had to be replenished throughout the construction
process. We had never taken on such a huge building project, and
encountered a number of structural challenges that had to be solved in
accordance with what was appropriate for the available materials. Building
took place in August, at the time the rainiest month in the century.
Thus, we were constantly preoccupied with keeping the soil-filled
foundation slab dry and the support bases from soaking, which diverted
efforts into setting up protective shelter. Therefore, the roof was only
covered a week before the completion deadline. The façade was installed
in record time, together with internal stairs, windows, doors,
parapets, glazed annex, and balcony. It was achieved thanks to an
amazing team, where everybody knew about each other’s abilities, and
which coordinated their efforts admirably well. This close-knit
collaboration was of great help, especially when aesthetic decisions had
to be made quickly and efficiently. Harnessing undiscovered potential
in this way was an enjoyable new experience for many of the volunteers. For
two years Amphis will become a venue for regional and national
community arts projects. It has also become a favored daytime refuge for
larger birds-of-prey, as the building has lots of openings that cannot
be shut due to its complicated geometry. It is, however, weather-proof.
This building is one in a continuous line of buildings we completed that
offered protection against the elements, yet whose eccentric interiors
derived from the nature of the reclaimed building materials used, did
not turn them into hermetic containers from which there is no escape.
Our building components revealed a lot about the material wealth of the
region. The floors, for instance, were made from the annual reject
output from world-famous universities. The large central square timber
panel floor covering on the ground floor had previously served as a
stage dance floor. Its black lino surround was made from discarded
college worktops.